Donnerstag, 30. April 2015

Buchstart


Jeannette Walls - Die andere Seite des Himmels

Roman
Hoffmann und Campe

Die zwei Schwestern Liz und Jean, genannt Bean, leben mit ihrer chaotischen und egozentrischen Mutter in der 70-er Jahren in Kalifornien. Die Mutter, eine Folksängerin, die sich von allen verkannt fühlt, möchte ihre Musikkarriere vorantreiben und verreist darum öfter für einige Tage. Die Mädchen haben sich an diese Situation gewöhnt, passen gut aufeinander auf und lieben ihre Mom trotz allem sehr. Immer wenn neue Probleme auftauchen, verspricht die Mutter den Kindern Besserung.
Als die Schwestern einmal eine ungewohnt lange Zeit allein sind, erhalten sie einen Brief.
 

 

Meine liebste Liz, meine süsse Bean,
es ist drei Uhr morgens, und ich schreibe Euch aus einem Hotel in San Diego. Ich weiss, ich war in letzter Zeit nicht gerade in Topform, und um meine Songs fertig zu schreiben – und die Mutter zu sein, die ich sein will -, brauche ich ein bisschen Zeit und Raum für mich. Ich muss wieder magische Entdeckungen machen. Und ausserdem bete ich um Ausgeglichenheit. Ihr müsst wissen, dass mir nichts auf der Welt wichtiger ist als meine Mädchen und dass wir bald wieder zusammen sein werden, und dann wird das Leben besser, als es je war! Für die beiliegenden 200 Dollar bekommt ihr genug Hühnerp
astetchen, bis ich wieder da bin.
Kopf hoch, und immer schön die Zähne putzen!
In Liebe
Mom
 


Liz und Bean spüren instinktiv, dass die Mutter nicht so bald zu ihnen zurückkehren wird. Als die örtliche Fürsorge hellhörig wird, beschliessen die Mädchen zu verschwinden und bei ihrer Tante und ihrem Onkel in Virginia Zuflucht zu suchen. Mutterseelenallein legen sie den langen Weg zurück. In Byler, dem Heimatort ihrer Mutter, werden die Schwestern mit einer ganz anderen Welt und anderen Wertvorstellungen konfrontiert. Sie lernen eine andere Sicht auf ihr Land kennen. Zu ihrem etwas merkwürdigen, aber liebenswerten Onkel entwickeln sie zaghaft eine gute Beziehung. Sie spüren aber, dass ihre Familie in der Kleinstadt eine Sonderstellung einnimmt. Liz und Bean kämpfen gegen Vorurteile und Widerstände an und die enge Beziehung zueinander wird öfter auf die Probe gestellt.

Jeannette Walls beschreibt keine heile Welt. Der nie versiegende Lebensmut und die grosse Zivilcourage der Mädchen sind bewundernswert. Die Geschichte ist fiktiv und leicht zu lesen. Viele Begebenheiten sind jedoch angelehnt an die unkonventionelle Biografie und an Erfahrungen der Autorin. Jeannette Walls führte mit ihren Eltern und zwei Geschwistern ein Vagabundenleben. Der Vater hatte keine richtige Arbeit und die Mutter kümmerte sich wenig um die Kinder. Der Magen knurrte und das Dach über dem Kopf fehlte. Trotzdem sagt Jeannette Walls heute, dass sie eine glückliche Kindheit verbracht habe.